Ein kleiner Verwirr-Impuls

Ein kleiner Verwirr-Impuls – Martin Neubauer

4. Juni 2020 – Zum Anhören und Mitlesen

Wir werden gern nervös, wenn es nicht „nach Plan läuft“, wenn wir die Kontrolle verlieren und nicht weiter wissen. Wir reagieren oft ängstlich, wenn sich – wie in diesen Monaten – uns Unberechenbares in den Weg stellt.

Gott hat uns den Verstand gegeben, damit wir ihn nutzen. Und das ist gut so.

Aber mitunter ist der Kopf ratlos. In kleinen wie in gewichtigen Fragen, die uns bedrängen. „Reiß dich zusammen!“ – kein sonderlich inhaltsreich aufbauender Satz! „Hab Gottvertrauen!“ – das klingt dann mitunter betulich, oder gar wie ein leiser Vorwurf, dass es uns im Grunde fehle.

In solchen Augenblicken ist mir eine Legende hilfreich, die über Franz von Assisi erzählt wird. Durchaus möglich, dass sie bei diesem immer für Überraschungen guten Heiligen der historischen Wahrheit entspricht. Wussten Sie, dass Gottvertrauen, etwas Spielerisches sein kann?

Aus den „Fioretti“, den „Blümelein des heiligen Franz von Assisi“:

«Eines Tages kam Franziskus mit Bruder Masseo unterwegs zu einer dreifachen Weggabelung, von wo aus man nach Florenz, Siena und Arezzo gehen konnte. Bruder Masseo, der vorausging, blieb stehen: „Welchen Weg sollen wir gehen?“ Franziskus antwortete: „Den, welchen Gott will.“ Da sagte Masseo: „Und wie können wir erfahren, was der Wille Gottes ist?“ Franziskus antwortete: „Auf ein Zeichen hin, das ich dir zeigen werde. Drehe dich an der Stelle, auf der du stehst, im Kreis, wie es Kinder tun, und höre nicht damit auf, bis ich es dir sage.“ Also begann sich Bruder Masseo im Kreis zu drehen. Und er drehte sich so schnell, dass er wegen des Schwindels im Kopf mehrmals zu Boden fiel. Da aber Franziskus ihm nicht Einhalt gebot, raffte er sich wieder auf und begann von neuem. Nachdem er sich lange so gedreht hatte, rief ihm Franziskus zu: „Bleib stehen und rühre dich nicht.“ Er blieb stehen, und Franziskus fragte ihn: „In welche Richtung schaut dein Gesicht?“ Bruder Masseo antwortete: „Nach Siena.“ Darauf Franziskus: „Dann ist das der Weg, den wir nach Gottes Willen gehen sollen.“»
 

Martin Neubauer


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